Heimat, Solidarität, Widerstand
Jascha Harke ist 18 Jahre alt – und kämpft bereits für etwas, das für viele selbstverständlich scheint: ein Zuhause.
Elf Jahre lang lebte Jascha mit der Familie in den Sugus-Häusern im Herzen des Kreis 5 – eine 4½-Zimmer-Wohnung im sechsten Stock mit Blick auf ein lebendiges Quartier, das für Jascha weit mehr als nur ein Wohnort war.
Damals war die Wohnung ein Glücksfall. Nach der Geburt des Bruders wurde es in der alten Wohnung am Hardplatz zu eng. Die Suche war zermürbend, die Wartelisten der Genossenschaften waren lang. Doch über einen Zufall fand die Familie ihr neues Zuhause: die Sugus-Häuser – ein Sinnbild für eine lebendige und farbige Nachbarschaft und für gelebte Gemeinschaft direkt neben den Bahngleisen: Familien mit Kindern, ältere Menschen, gute Durchmischung und ein starker Zusammenhalt. Eine Kita im Haus, ein Siedlungsverein, Gartenprojekte, Feste – vieles entstand aus Eigeninitiative.
Im September 2024 flatterte dann ein Schreiben ins Haus: Die Miete entspreche nicht mehr der quartierüblichen Höhe. Erst eine Ankündigung, noch keine Kündigung. Im Dezember dann der Schock: Kündigung per Einschreiben. Der Pöstler klingelte bei allen. Ein Gefühl der Ohnmacht, die Verdrängung aus dem eigenen Zuhause.
Plötzlicher Heimatverlust
Für Jascha ist die Kündigung mehr als nur eine juristische Auseinandersetzung. Es ist eine persönliche Wunde – ein plötzlicher Heimatverlust: «Es geht nicht einfach darum, günstig zu wohnen. Es geht um Verwurzelung». Die Kindheit, Freunde, die Schule – alles ist hier. Auch der Vater, der den Gemeinschaftssinn und die Solidarität der Sugus-Häuser lebt und auch prägt, war tief betroffen.
Doch die Solidarität der Bewohnenden gibt Kraft. Ein eigenes Büro wurde eingerichtet, ein Chat zur Koordination gegründet, Einsprachebriefe wurden gemeinsam verfasst und Plakate mit politischen Botschaften aufgehängt. Jascha und die Bewohnenden resignierten nicht. Die erste Kündigung wurde inzwischen für ungültig erklärt, ein Verfahren vor der Schlichtungsbehörde läuft.
Der Kampf um die Sugus-Häuser, die zum Symbolbild für alle unnötigen Profitkündigungen in Zürich wurden, geht jedoch weiter. Nicht nur für Jascha – für alle, die sich eine lebenswerte, durchmischte und bezahlbare Stadt Zürich wünschen.
Jascha hat mittlerweile eine andere Lösung gesucht – einfach abzuwarten, barg zu viel Risiko –, kämpft aber auf institutioneller Ebene weiter: Nächsten März kandidiert Jascha für die SP im Kreis 10 für den Gemeinderat. Bildung wäre eigentlich das Herzensthema – nun ist es auch das Wohnen.
Dimitri Witzig, Präsident SP4
Der obige Text stammt aus dem SP Info 4 & 5. Hast du Ideen für Inhalte oder möchtest selbst einen Text beisteuern? Melde dich bei Dimitri Witzig.